Singebewegung
„Der Mensch kann manche Sachen“: Wir haben mit viel Zeit und Hingabe die schönsten Lieder der Singbewegung der DDR für dich in einem Archiv zusammentragen.
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Behütet eure kühnen Träume
Behütet eure kühnen Träume, auch wenn es scheint, dass sie nicht nützen. Behütet eure kühnen Träume, wie Eltern ihre Kinder schützen.
Nachdenkliches Lied
Es denken jetzt schon viele mit, man braucht doch nur zu horchen. Es regt und steckt sich überall im Land, was gestern richtig war, das fällt vor dem Morgen, erstiegen Leute manche harte Wand.
Reifezeit
Gersten warn sie noch die Jungen, die vom Jahrgang neunundvierzig, Schüler, Lehrlinge, Studenten, eine Zeit lang auch Soldaten. Heute sind sie Facharbeiter, Lehrerin, Abteilungsleiter, haben mehr oder auch minder Kontonummer, Trauschein, Kinder.
Gerechtigkeit
Da mag denn fehlen mancher Wein und mancher Trost für manches Leid, doch es wird Kommunismus sein und seine Zeit, die unsere Zeit.
An der Wolokolamsker Chaussee
In den Kampf ziehen wir nicht um zu sterben. Nur der Tod der Feinde ist gerecht. Wer das Leben bedroht, der zieht in den Tod. Das Leben schickt uns ins Gefecht.
Der Weg
Und in den Nächten brennen die Feuer, schmelzen alltägliches Eis. Diese Feuer brennen ungeheuer warm und machen herzen heiß.
Fahnenlied
Nicht, dass der Wind sie bewegt, macht unsre Fahne so schön. Nicht, dass sie flattert und schwebt, macht, dass wir hinter ihr gehn. Nicht, dass sie leuchtet und strahlt, macht unsre Herzen bewegt.
Die ich liebe
Die ich liebe, ist schön, unsagbar schön, ich seh sie vor mir in ihrem Sommerkleid mit einem Kamm im schwarzen Haar. Man hat sie fortgebracht, und keiner sieht, wie schön sie ist. Man hat sie fortgebracht, und keiner weiß wohin, wohin. Ihr Mädchen von Auschwitz, ihr Mädchen von Dachau.
Hab’n Se nicht noch Altpapier?
Hab’n Se nicht noch Altpapier? , liebe Oma, lieber Opa? Klingelingeling ein Pionier, klingelingeling steht hier, ein roter. Hab’n Se nicht noch Altpapier, Flaschen, Gläser oder Schrott?
Wie meinen Sie denn das?
Wenn sich wer ein Holztier schnitzt und Löcher in die Wände ritzt, – dann suchen darin tausend Leute den Sinn. Nützt uns das was? Was lehrt uns das?
Die Kinder sind das Beste…
Die Kinder sind das Beste in jeder Stadt. Nicht Stahl, nicht Glas, kunstvoll behauener Stein. Städte sollten Kindern Gärten sein.
Es lebe die Liebe
Es lebe die Liebe, das Bett und der Mond. Es lebe die Arbeit, wenn sie sich lohnt, wenn sie sich lohnt.
Blaues Tuch ist dieser Himmel
Blaues Tuch ist dieser Himmel. Fensterbreit gehört er uns. Nichts mehr sagen, nur noch liegen beieinander.
Kann das schon alles sein?
Früh steh ich auf und geh hinaus und komm am Abend müd nach Haus. Find meine Wohnung zu eng und zu klein und frage: Kann das schon alles sein
Lied von der Aussichtsplattform
Wo meine Straße ihr Ende hat, steht eine Mauer verquer. Dahinter beginnt eine andere Stadt, und da baute irgendwer aus Stangen und Brettern ein hohes Gerüst darauf kann man tagsüber stehn, und kann sich von oben aus sichrer Entfernung den Osten als solchen ansehn.
Befreiung
Nicht nur einen Tag lang war jener achte Mai. Denn lang war der Tag, als die befreiten selbst Befreier wurden und ist noch nicht zu Ende, zu Ende.
Mein Vater war gezogen
Mein Vater war gezogen in einen schlimmen Krieg. Sie hatten ihn betrogen bis zum Endsieg, den er noch holen sollt. Doch der war bis zur Oder, bis da zurück gerollt.
Wenn wir abends müde sind
Wenn wir abends müde sind und nicht so recht zufrieden, können wir doch nicht vergessen, essen heißt nicht überall sattessen und es ist nicht überall Frieden.
Der Alte aus der Schweißerei
Der Alte aus der Schweißerei wird morgen dreiundsiebzig und ist seit fünfzig Jahren hier nach Schichtschluss steht er seine drei Bier bei Kahlisch an der Theke.
Die Kellnerin
Meine Freundin ist Kellnerin, am Abend schmerzen die Füße, den Tag übrigens hat sie sich auf uns gefreut, hat runtergeschluckt manche Unhöflichkeit; meine Freundin ist Kellnerin. Was sie tut, hat ein wenig Sinn, ist nicht stupide, wie’s scheint. Am Abend erzählt sie manchen Krach, macht Eigenarten der Gäste nach, als wär sie ’ne Schauspielerin.
Lied der Großmutter Anna
Im Jahre Achtzehnneunzig und acht hat sie die Augen aufgemacht. In einer Kate auf Gutsherrenland, ein Bebelbild hing an der Wand. Ging in die Schule vier Jahre lang. Lernte Beten und war oft sehr krank. Die Frauen erst auf den Kartoffelfeld lehrten sie, was man braucht für die Welt.
Dieses Lied sing ich den Frauen
Dieses Lied sing ich den Frauen, die allein sind in den Nächten, ihr Alleinsein nicht verdauen und so gern bei ihm sein möchten. Dieses Lied sing ich Maria,
Vor der Entlassung
Wenn ich morgen nachhause komme, Leute, dann mach ich ein’n drauf! Da lade ich meinen Freund Paule ein, lass alle Fünfe grade sein und ein großes Fass Bier fahr ich auf, na, ein Kasten tut’s vielleicht auch.
Soldat im ersten Halbjahr
Soldat im ersten Halbjahr, da fällt noch vieles schwer. Die Uniform sind keine Jeans und Mädchen erst mal Pause. Stattdessen Grundausbildung, statt Bierchen ha, ne Brause. Soldat im ersten Halbjahr, da fällt noch vieles schwer.
…da ist nichts Besonderes
Der Prenzlauer Berg ist ein ganz flacher Berg, wie die Brüst‘ eines Mädchens mit zwölfeinhalb Jahren. Und er liegt, wie dieselben, nördlich vom Zentrum. Da ist nichts Besonderes dran!
Trassengunter
Letzten Donnerstag fiel er ganz überraschend aus’m Nachmittagsbus. Da ging was los im Hopfenkranz, mit den blöden Langeweile war Schluss. Kam auf Urlaub von sehr weit her. Auf Gunti, hoch die Tassen!
Für zwei Genossen
Schwarz der Rand im ND, unscharf das Foto, lang der Zug. In den ersten Reihen das Zentralkomitee, davor die Kränze, die man trug. Heut werden Genossen zu Grabe getragen, läuten nicht Glocken, nein, sondern ein Lied kommt aus den Mündern gelber Trompeten, senkt sich ins Herz, das Erinnerung flieht.
Lied einer Bäuerin
Sieben Kinder habe ich geboren, sieben Schwalben wohnten unterm Dach. Jeden Frühling kamen sie geflogen und sind vor dem Winter fortgezogen, und sind vor dem Winter fortgezogen. Sieben Kinder habe ich verloren.
Lied einer Krippentante
Die Woche sind die Mütter fort, die Väter nicht daheim. Ich bin die Tante von der Krippe, muss vielen Eltern sein. Habe zehn Jungs. Wenn die laut schrein, dann fällt das Dach der Krippe fast ein. Die Mädchen dagegen, selbst wenn sie klein, können viel leiser und artiger sein.
Russischlehrer Weidner
Den Russischlehrer Weidner, den mochten wir sehr gern, der hatte was von einem würd ‚gen alten Herrn. An einer Silberkette hing seine Taschenuhr, die Hose war zerknittert, weil er mit ’n Fahrrad fuhr. Die ersten Russischworte, die hätte er gelernt, nachdem er sich von Hitlers Soldaten hat entfernt.